Offener Brief zur Absage „Teilnahme an der Wohnungsmarktanalyse“ der Stadt Freiburg

– OFFENER BRIEF –

Sehr geehrte Frau Krings-Heckemeier, sehr geehrte Frau Neuhoff,

ich möchte den Interviewtermin absagen, den ich für den am kommenden Montag mit Ihnen vereinbart hatte.

Durch einen Vortrag des Berliner Stadtsoziologen Andreij Holm am vergangenen Donnerstag in Freiburg zum Thema „Mietenwahnsinn stoppen“ bin ich auf die Verflechtung Ihres Institutes mit der Immobilienwirtschaft aufmerksam gemacht worden. 

Den Gesprächstermin hatte ich vereinbart, weil ich durch ein Schreiben des Freiburger Stadtplanungsamtes informiert wurde, dass Ihr „Forschungsinstitut empirica“ beauftragt worden ist, eine Wohnungsmarktanalyse für die Stadt Freiburg zu erstellen, und darum gebeten worden bin, an einem „Expertengespräch mit Schlüsselpersonen“ teilzunehmen.

Auf der Website von empirica wird an prominenter Stelle ein aktueller Artikel aus Ihrem Hause vorgestellt, unter der Überschrift

NICHT NOCH MEHR MIETERSCHUTZ!
Ullrich Pfeiffer, Aufsichtsratschef von empirica, fordert ein Ende der sozialen Wohnraumförderung.“

Er ist erschienen in der „Immobilienzeitung“, die sich selbst als eine der „führenden Fachzeitschriften für die Immobilienwirtschaft“ bezeichnet.

Es ist empirica und Herrn Pfeiffer selbstverständlich unbenommen, darin Meinungen zu verbreiten wie diese:

„Sozialwohnungsprogramme (sind) für breite Schichten ungeeignet, künftige Versorgungsaufgaben zu lösen. Eine große Koalition sollte den Mut haben, ihre Förderung einzustellen. Bezahlbare Wohnungen für breite Schichten entstehen durch Alterung hochwertiger Neubauwohnungen.“

Es mag ja sein, dass Herr Pfeiffer ein Berliner Stadtdomizil zentrumsnah in einer luxusmodernisierten und hochpreisigen Altbauwohnung innehat und noch nie über die soziologische Begriffe „Gentrifizierung“ und „Verdrängung“ gestolpert ist. Das ist erstaunlich.

Noch erstaunlicher ist, dass die Stadt Freiburg ein marktliberal ausgerichtetes Forschungsinstitut mit der Wohnungsanalyse beauftragt hat, das in offensichtlichster Weise noch nicht mal in der Lage ist, wissenschaftliche Gutachten und politische Lobbyarbeit für die Immobilienwirtschaft wenigstens organisatorisch auseinander zu halten.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Rost

Presse: