Grundstücksvergabe nur im Erbbaurecht und nur für die Dauer der Sozialbindung!

Offener Brief 20.11.2018

An die Stadt Freiburg: Gemeinderat und Stadtverwaltung | Zur Information an die Freiburger Presse

Mit Erbbaurechten zur dauerhaften Sozialbindung – nicht nur in Dietenbach:
Grundstücksvergabe nur im Erbbaurecht und nur für die Dauer der Sozialbindung!

Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat,

Die KritikerInnen der Bebauung von Dietenbach bezweifeln, dass dort überhaupt bezahlbarer Wohnraum der im angekündigten Umfang entstehen würde. Tatsächlich ist es so, dass es keine verbindlichen, rechtsgültigen Beschlüsse gibt, nur Absichtserklärungen und Arbeitsaufträge an die Verwaltung:

„…die Verwaltung wird beauftragt, bei den weiteren Planungen des neuen Stadtteils Dietenbach das Ziel zu verfolgen, 50 % geförderten Mietwohnungsbau zu realisieren.“ (Gemeinderat 24.7.2018)

Die Befürchtungen der KritikerInnen sind nicht von der Hand zu weisen, dass zwar wie beim Rieselfeld die Bebauung mit einer 50-%-Quote beschlossen werden könnte, diese aber nur zum kleinen Teil umgesetzt würde, wie beim Rieselfeld, wo heute nur noch wenige Prozent geförderte Mietwohnungen vorhanden sind. Müsste da nicht der Gemeinderat verbindliche Beschlüsse fassen, um das Vertrauen wieder herzustellen? Zumal der Geschäftsführer der „Sparkasse Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH“, Ingmar Roth, öffentlich erklärte:

„Die bisherigen Berechnungen geben aber noch keinen Spielraum für Vergünstigungen. Aus unserer Sicht wäre es kontraproduktiv, wenn man das Vorhaben jetzt schon mit einer Sozialquote verbindet.“ (Der Sonntag 22.7.2018)

Also alles offen? Unserer Kenntnis nach blieb diese Erklärung des Geschäftsführeres „Sparkasse Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH“ bisher unwidersprochen von Stadtverwaltung und Gemeinderat. Auch Finanzbürgermeister Breiter hat sich öffentlich von der 50-%-Quote distanziert.

Hinzu kommt, dass die als Planungsrichtlinie beschlossene 50-%-Quote geförderter Mietwohnungsbau (wenn sie denn realiert wird) zwar einerseits 50 % bezahlbare Mietwohnungen zum Preis von (momentan) unter 7,00 €/m² bedeutet; andererseits aber als Kehrseite eine ebenfalls 50-%-Quote mit atemberaubend teurem frei finanzierten Wohnungsbau: Mietpreise ab 13-15 €/m² bzw. Eigentumswohnungen ab 5.000 €/m² Kaufpreis (siehe das aktuelle Baugebiet Güterbahnhof-Nord).

So gesehen ist die 50-%-Quote geförderter Mietwohnungsbau zwar ein Fortschritt, der aber mit einem sehr hohen Preis erkauft wird. Zumal die geförderten Wohnungen zum Ende der Sozialbindungsfrist wieder zu ganz „normal“ teuren Mietwohnungen werden, für die Eigenbedarf der EigentümerInnen geltend gemacht werden kann, mit dem Ergebnis: Auch die 50-%-Quote schrumpft dahin, wie beim Rieselfeld, wenn auch voraussichtlich nicht ganz so schnell. Das „nachhaltige“ Resultat in 20-30 Jahren ist dann wieder ein Stadtteil wie Rieselfeld und Vauban mit ganz überwiegend teuren Miet- und Eigentumswohnungen.

Wenn schon naturnahe Flächen für den Wohnungsbau auf Dauer bebaut und versiegelt werden, sollten mindestens die geplanten bezahlbaren Wohnungen auch auf Dauer Bestand haben und bezahlbar bleiben!

Das könnte folgendermaßen erreicht werden:

1. Alle Grundstücke werden nur noch im Erbbaurecht vergeben (wie bereits in der Vorlage G 18/232 vom 2.10.2018 von den Grünen und anderen Fraktionen eingebracht).

1.1 Die Laufzeit des Erbbaurechtes wird von vornherein auf die Dauer der Sozialbindung der geförderten Wohnungen begrenzt (30 Jahre oder länger, bis zu 60 Jahren).

1.2 Das Erbbaurecht kann aber verlängert werden (Verlängerungsoption im Erbbauvertrag).

2. Verlängerung des Erbbaurechts.

2.1 Voraussetzung: Die Sozialbindung wird erneuert und in gleicher Weise verlängert, wobei wiederum die Laufzeit des verlängerten Erbbaurechts der Sozialbindungsdauer entspricht.

2.2 Dieses Vergabeverfahren kann praktisch immer wiederholt werden, das Ergebnis ist eine dauerhafte Sozialbindung unabhängig von der Rechtsform des Wohnungsunternehmens.

3. Das Erbbaurecht wird nicht verlängert.

3.1 Spekulationsgewinne aus dem Grundstückseigentum und dessen Wertsteigerung sind bereits von vornherein ausgeschlossen.

3.2 Das Gebäude fällt in das Eigentum der Stadt.

3.3 Die Stadt muss dann eine Entschädigung an den ehemaligen Erbbauberechtigten zahlen in Höhe des Verkehrswertes des Gebäudes.

3.4 Da es sich um ein Mietshaus handelt (die Aufteilung in Eigentumswohnungen wird im Erbbauvertrag ausgeschlossen), bemisst sich der Verkehrswert laut Bewertungsrichtlinien nach dem Ertragswert, d.h. nach den Mieterträgen. Dieser Wert liegt in der Regel deutlich unter dem mutmaßlichen Spekulationswert der Immobilie, zumal das Grundstück mit seinen Wertsteigerungen sowieso außen vor geblieben ist. Das durchkreuzt die Exit-Option für Kapitalanleger durch Verkauf und Realisierung der marktüblichen Wertsteigerungsraten.

4. Die Stadt vergibt dann ein neues Erbbaurecht

4.1 Die Stadt gibt zeitlich anschließend an das alte ein neues Erbbaurecht inklusive Gebäude an ein anderes Wohnungsunternehmen (z.B. auch an eine Genossenschaft der MieterInnen), das die entsprechenden Sozialbindungen für die Laufzeit des neuen Erbbaurechtes übernimmt.

4.2 Die neue Erbbauberechtigte erstattet den Kaufpreis des Gebäudes.

4.3 Oder die Stadt behält Haus und Grundstück zur sozial gebundenen Vermietung.

5. Aufgrund wechselhafter bodenpolitischer Vorstellungen und Mehrheiten im Gemeinderat im Laufe der Jahre (Stadtbauverkauf!) sollten die Grundstücke in eine stiftungsartige städtische Gesellschaft eingebracht werden, die auch Mitsprache und Vetorechte der MieterInnen gegen Grundstücksverkäufe vorsieht (siehe Holding der Berliner kommunalen Wohnungsgesellschaften).

6. Dieses Verfahren ist nicht auf das eventuelle Baugebiet Dietenbach beschränkt (und auch unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheides), sondern könnte bereits in zeitlich näher liegenden Baugebieten wie Stühlinger-West und anderen ProWo-Flächen erprobt werden und natürlich in der Zukunft zum Standardvergabeverfahren werden.

Unsere Konzeptidee „Mit Erbbaurechten zur dauerhaften Sozialbindung“ wirft natürlich Fragen auf, die wir bei unserer Veranstaltung zu diesem Thema am

Dienstag, dem 11. Dezember 2018 um 20 Uhr

im Gemeinschaftsraum des Hausprojekts schwereLos in Freiburg-Haslach
in der Arne-Torgersen-Str. 7 in Gutleutmatten

erörtern und diskutieren wollen. Dazu möchten wir Sie herzlich einladen.

Mit freundlichen Grüßen

Bauverein „Wem gehört die Stadt?“