1. Advent-Lichtlein – Kuriose Folgen der 50-Prozent-Quote

Liebe Simone Lutz,

zum Ersten Advent möchten auch wir ein Lichtlein anzünden, das erhellt.

Sie schrieben vergangenen Dienstag, 27.11.2018, als am Nachmittag die Mehrheit des Gemeinderates die 50-%-Quote für Dietenbach beschloss, in der BZ unter der Schlagzeile „Viele Teilchen beim Wohnungspuzzle“:

„…Doch die Quote bringt noch andere Probleme. Die reichlich kuriose Folge wäre, dass Wohnungssuchende aus der Mittelschicht, etwa junge Familien, entweder zu reich für eine Sozialwohnung wären oder zu arm für eine Luxus-Eigentumswohnung. Dann würden sie genau das machen, was die Freiburger Wohnungspolitik vermeiden möchte, nämlich ins Umland ziehen….“

Diese These von der notwendigen Kompensation entgangener Gewinne beim geförderten Mietwohnungsbau durch extrem teuere frei finanzierte Wohnungen enstammt einem Gutachten des Empirica-Insituts im Auftrag der Stadt Freiburg, das als Anlage 19 der „kiloschweren“ Gemeinderatsdrucksache G-17/230 auch Grundlage der Beratungen am vergangenen Dienstag war.

Hier die These von Empirica und ihre Begründung im Original der Drucksache G-17/230:

„Eine Quote von 50% im geförderten Mietwohnungsbau entzieht dem Stadtteil die untere Mittelschicht.“

 „Wohnungsbauinvestoren verzichten nicht auf Renditen, auch nicht als Folge städtebaulicher Verträge. Deswegen führen Auflagen wie…eine Mindestquote geförderter Wohnungen dazu, dass die frei errichteten Wohnungen umso höherwertig geplant und umso teurer vermarktet werden.“

Wir haben uns erlaubt, selbst nachzudenken. Ergebnis: Dieser These und ihrer Begründung liegt ein Denkfehler zugrunde.

Es ist richtig: Wohnungsbauinvestoren verzichten nicht auf Renditen (jedenfalls nicht freiwillig). Aber wenn das so ist, warum sollten sie im Falle fehlender Auflagen und Mindestquoten nicht bei allen Wohnungen maximale Rendite erzielen wollen? Und sämtliche Wohnungen eines Gebäudes höherwertig bauen und so teuer vermieten, wie es der Markt hergibt?

Nach der Empirica-Theorie müssten auf den völlig quotenfreien Baugrundstücken des boomenden Neubauviertels Güterbahnhof-Nord deutlich günstigere, frei finanzierte Mietwohnungen zu finden sein als zum Beispiel im quotenbelasteten Neubauviertel Gutleutmatten. Das ist aber nicht der Fall und kann empirisch nachgeprüft werden: Die Mieten der frei finanzierten Wohnungen liegen hier im Schnitt nicht wesentlich höher als die marktüblichen 15-16 €/m² wie am Güterbahnhof.

Auch dort, wo die geförderten Wohnungen aufgrund der Bindungen nicht teurer als für 7 €/m² vermietet werden können, könnte kein Investor zur Kompensation bei den frei finanzierten Wohnungen auf die marktüblichen 16 €/m² nun die „entgangene Rendite“ der Sozialwohnungen von 8 €/m² aufschlagen und sie zu  bizarren 24 €/m² anbieten. Wenn das funktionieren würde, würde da nicht jeder Investor so handeln? Und 24 €/m² Miete verlangen?

Nein, macht er nicht, auch wenn er wollte, weil „der Markt nicht mehr her gibt“.

Mit freundlichen Grüßen
Bauverein