3. Advent-Lichtlein: Von wegen „Überzogene Anforderungen“ – BZ vom 12.12.2018

Sehr geehrte Damen und Herren der Freiburger CDU-Fraktion,

zum 3. Advent möchten wir noch ein Lichtlein anzünden, das erhellt.

Nachdem am 27.11.2018 endlich die 50 % Quote für geförderten Mietwohnungsbau im Neubaugebiet Dietenbach beschlossen wurde, wendet sich die Freiburger CDU erneut an die Öffentlichkeit, so lesen wir in der Badischen Zeitung:

Keine starren Quoten
Die Freiburger CDU-Gemeinderatsfraktion lehnt weiterhin starre Quoten für die Bebauung beim geplanten neuen Stadtteil Dietenbach ab. Überzogene Anforderungen im Hinblick auf geförderten Wohnungsbau könnten das ganze Projekt gefährden…
(Badische Zeitung, Druck-Sache am Mittwoch, den 12. Dezember 2018)

Überzogene Anforderungen? Haben wir richtig gelesen?

Wo, wenn nicht in Dietenbach und den anderen neuen Baugebieten sollen die vielen Wohnungssuchenden etwas Bezahlbares finden, die in den anderen Alt- und  Neubauvierteln Freiburgs verdrängt worden sind? Wo, wenn nicht hier kann ein zusätzlicher Anteil von geförderten Mietwohnungen gebaut werden, und zwar als Ausgleich für die große Zahl von ehemals bezahlbaren Mietwohnungen, die in anderen Stadtteilen Freiburgs weggefallen sind (und laufend wegfallen)? Durch

  •  Auslaufen der Sozialbindung bei geförderten Mietwohnungen z.B. im Rieselfeld, und Vauban und sonst im Stadtgebiet
  • Umwandlung in Eigentumswohnungen, verbunden mit „Herausmodernisieren“, Eigenbedarfskündigungen oder drastischen Mieterhöhungen durch Käufer bzw. Kapitalanleger, z.B. westlich der Merzhauser Straße (ehemalige LBBW-Landes- und
    Bundesimmobilien, damals verwaltet von der FSB).

Der Wohnungsbedarf in Freiburg ist sicher in allen Preissegmenten stark angestiegen; weit überproportional aber durch Verdrängungsprozesse im bezahlbaren  Mietwohnungssegment, auf das Menschen mit geringen bis mittleren Einkommen  angewiesen sind.

Deshalb halten wir als Kompensation für Verdrängungen in anderen Stadtteilen folgendes Anteilsverhältnis für erforderlich:
Geförderter Mietwohnungsbau 50 %
Preisgedämpfter Mietwohnungsbau 15 %
Bezahlbarer Mietwohnraum gesamt 65 % für untere und mittlere Einkommen.

Dann verbleiben 35 % Anteil Wohnungen für mittlere und obere Einkommen, gegliedert z.B. in 15 % Anteil geförderte Eigentumswohnungen und 20 % Anteil frei finanzierte Miet- oder Eigentumswohnungen. Und selbst dieser Anteil ist eigentlich zu viel, weil im Laufe der Jahre die Sozialbindungen im geförderten Wohnungsbau auslaufen werden. Es ist ein
kühner Gedanke: Müsste nicht von Anfang an eine Milieuschutzsatzung verabschiedet werden, um Verdrängungsprozessen wie im Rieselfeld entgegen zu wirken?

Auf jeden Fall sind bei der Vergabe von Grundstücken für den Mietwohnungsbau vorrangig Unternehmen zu berücksichtigen, die von ihrer Eigentumsstruktur her, insbesondere durch Einbeziehung der MieterInnen, auf dauerhaften Erhalt des Bestandes angelegt sind.

Die Frage nach der Finanzierung und den notwendigen Kapazitäten muss anders gestellt werden: Wie kann die Gründung neuer genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen angeregt und unterstützt werden, um das erforderliche Volumen an dauerhaft bezahlbaren Mietwohnungen zu erstellen?

Zum Beispiel: In Zürich mit seinen über 100 Wohnungsgenossenschaften gründen diese oft neue Genossenschaften für ein größeres Bauvorhaben. In Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg rief die Wohnungsnot eine große Welle genossenschaftlicher und kommunaler Neugründungen hervor, auch in Freiburg.

Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden: Der Neubau der anvisierten rund 8.000 Wohnungen in Freiburgs neuen Baugebieten wird sich mindestens über die kommenden 10-20 Jahre hinziehen. Auch wir wollen die einzigartige Chance nutzen, die sich in den kommenden Jahren für die Gründung neuer Mietshausprojekte bietet und durch Bildungsarbeit und Beratung den neuen Projektinitiativen beim Start behilflich sein. Die Finanzierung ist dann zu stemmen, wenn genug Kreditgeberinnen gefunden werden die ihr Geld lieber in auf Dauer bezahlbare Wohnungen stecken anstatt ihr Geld für maximale  Profite anzulegen.

Mit freundlichen Grüßen
Bauverein „Wem gehört die Stadt?“